Kontaktdaten

Klaunzer, Klausner & Flatscher
Rechtsanwälte
Anichstraße 6
6020 Innsbruck
Österreich

Telefon: +43 (512) 585 005
Fax: +43 (512) 585 005 20
E-Mail: kanzlei@klaunzer.tirol

Sie erreichen uns

Mo-Fr von 09.00 Uhr bis 12.00 Uhr sowie
Mo-Do von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr

Redaktionsgeheimnis

  /    /  Redaktionsgeheimnis

Redaktionsgeheimnis

Ende 2010 ging durch die Medien, in Österreich sei das Redaktionsgeheimnis gefährdet. Anlass war ein gerichtlicher Auftrag an den ORF, nicht veröffentlichtes Material an die Staatsanwaltschaft herauszugeben. In einem Erneuerungsverfahren hob der Oberste Gerichtshof (OGH) den Herausgabeauftrag auf. (13 Os 130/10 g)

Der OGH löste die Frage nicht als solche des Redaktionsgeheimnisses.

Das Redaktionsgeheimnis ist in § 31 MedienG (Mediengesetz) festgelegt. Es räumt Medieninhabern, Herausgebern, Medienmitarbeitern und Arbeitnehmern eines Medienunternehmens oder Mediendienstes das Recht ein, in einem Strafverfahren oder sonst in einem Verfahren vor Gericht oder einer Verwaltungsbehörde als Zeugen die Beantwortung von Fragen zu verweigern, die die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmannes von Beiträgen und Unterlagen oder die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen betreffen. Dieses Recht darf nicht umgangen werden, insbesondere nicht durch Herausgabeverpflichtung oder Beschlagnahme von Unterlagen. (Umgehungsverbot)

Für das Strafverfahren bestimmt § 157 StPO (Strafprozessordnung) grundsätzlich gleiches. Nach § 144 StPO gilt das Umgehungsverbot allerdings dann nicht, wenn die betreffende Person selbst der Tat dringend verdächtigt ist.

Wesentlich ist, dass das Redaktionsgeheimnis nur dem Zeugen zugute kommt. Nicht darauf berufen kann sich die Partei eines Zivilverfahrens oder der Beschuldigte eines Strafverfahrens. Der Beschuldigte ist allerdings ohnehin weder zur Aussage noch zur Wahrheit verpflichtet.

§§ 109 bis 115 StPO ermöglichen die Sicherstellung und Beschlagnahme von Unterlagen nicht nur beim Beschuldigten sondern auch bei Dritten; im Konkreten beim ORF.

Seine Entscheidung zu Gunsten des ORF stützt der OGH nicht auf § 31 MedienG. Er schützt nicht das Redaktionsgeheimnis. Er hält sogar ausdrücklich fest, dass der Beschuldigte nicht den Schutz des Redaktionsgeheimnisses genießt. Er argumentiert mit § 144 Abs. 3 StPO. Nach dieser Bestimmung besteht das Umgehungsverbot dann nicht, wenn die betreffende Person selbst der Tat dringend verdächtig ist. Daraus folgert er: Da der befasste ORF-Mitarbeiter nicht dringend verdächtig sei, kann der ORF nicht zur Herausgabe des Materials verpflichtet werden.

Diese Begründung überrascht, als dass „die betreffende Person“ im Sinne von § 144 Abs. 3 StPO der Beschuldigte selbst ist, und nicht die Person, die die Unterlagen herausgeben soll. In der StPO wird nämlich der Beschuldigte grundsätzlich als Beschuldigter bezeichnet und nicht als „betroffene Person“.

Im Ergebnis steht die Wirksamkeit des Redaktionsgeheimnisses weitgehend zur Disposition der Staatsanwaltschaft. Sie hat es in der Hand, eine Person als Beschuldigten oder als Zeugen zu führen. Sie hat in der Hand, den Verdacht als dringend oder nicht dringend zu qualifizieren.

Jedenfalls war das Problem für den ORF erledigt. An der rechtlichen Lage änderte sich nichts.

In diesem Zusammenhang sei § 54 StPO erwähnt.
Dort wird dem Beschuldigten und seinem Verteidiger untersagt, nicht öffentliche Informationen aus dem Strafverfahren, soweit sie personenbezogene Daten anderer Beteiligter enthalten, zu veröffentlichen, wenn dadurch schutzwürdigende Geheimhaltungsinteressen anderer Beteiligter verletzt würden.
Diese Bestimmung stellt also auf den Beschuldigten und seinen Verteidiger ab, nicht aber auf sonstige Personen wie z.B. einen Journalisten.

Weiters von Bedeutung ist das DSG (Datenschutzgesetz).

Bei diesem kommt es regelmäßig auf die Abwägung der Interessen an. Beim öffentlichen Interesse an der Information tritt das private Interesse an Geheimhaltung regelmäßig zurück. Und die Qualifizierung, was von öffentlichem Interesse ist, eröffnet genauso großen Spielraum bzw. lässt sich genauso wenig objektiv vornehmen wie die Interessenabwägung.