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Forstweg als Mountainbike-Strecke

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Forstweg als Mountainbike-Strecke

Eine Radfahrerin kam auf einer Brücke, die sich auf einer von einer forstlichen Bringungsgenossenschaft errichteten Forststraße befindet, zu Sturz und verletze sich schwer.

Aufgrund einer Vereinbarung zwischen der forstlichen Bringungsgenossenschaft und dem Tourismusverband konnte diese Forststraße als Mountainbike-Strecke benutzt werden. In dieser Vereinbarung wurde u.a. festgehalten: „Der Tourismusverband übernimmt gegenüber den fahrberechtigten Radfahrern die Funktion eines Halters im Sinne des § 1319a ABGB und ist verpflichtet, die Straße, jedoch nur für Radfahrzwecke, im Sinn dieser Bestimmungen in Stand zu setzen und in Stand zu halten. Er wird die Wegbenützungsberechtigten und deren Dienstnehmer in Ausübung des Dienstes gegen alle Ansprüche der Radfahrer und Dritter im Zusammenhang mit dem Radfahren schadlos zu halten.“

Weiters wurde in dieser Vereinbarung festgehalten, dass die Forststraße vom Straßenerhalter und den jeweiligen Grundeigentümern nur insoweit erhalten werde, als dies für betriebliche Zwecke erforderlich sei. Der Straßenerhalter und die jeweiligen Grundeigentümer gestatten ferner die Erhaltung der Straße für Radfahrzwecke durch den Tourismusverband.

Aufgrund dieser Vereinbarung wurde am Beginn der Forststraße eine Hinweistafel mit den Benützungsbedingungen für die Mountainbike-Strecke angebracht. Die Instandhaltungsarbeiten, die notwendig sind, damit die Mountainbike-Strecke mit Fahrrädern befahren werden kann, führt der Tourismusverband durch. Der Tourismusverband ist auch für Absicherungen für Radfahrer zuständig. Die Instandhaltung für die landwirtschaftliche Nutzung nimmt weiterhin die Bringungsgenossenschaft vor.

Die schwerverletzte Radfahrerin hat nunmehr die Bringungsgenossenschaft als Wegerhalterin auf Schadenersatz und Feststellung ihrer Haftung für alle künftigen Schäden aus dem Unfall geklagt.

Die Bringungsgenossenschaft wendete mangelnde Passivlegitimation ein, zumal sie zwar grundsätzlich Halterin der Forststraße bzw. der Brücke, auf der die Radfahrerin gestürzt ist, sei, allerdings der Tourismusverband die Haftung für Radunfälle mit schriftlicher Vereinbarung übernommen habe.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren abgewiesen und begründend dazu ausgeführt, dass der Tourismusverband die Verantwortung als Wegerhalter für den verkehrssicheren Zustand der Forststraße als Mountainbike-Strecke vertraglich von der Bringungsgenossenschaft übernommen habe und somit der Tourismusverband Wegerhalter sei und für den Unfall einzustehen habe. Die Bringungsgenossenschaft sei nach Ansicht der Erstgerichtes auch nicht Mithalterin.

Das Berufungsgericht hat der Berufung der Klägerin Folge gegeben, dass erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes haften gegenüber der Radfahrerin sowohl die Bringungsgenossenschaft als auch der Tourismusverband zu ungeteilter Hand. Beide hätten die Verfügungsmacht, Instandhaltungsarbeiten durchzuführen, wobei die Instandhaltungspflichten hinsichtlich der Radfahrer und bezüglich der landwirtschaftlichen Nutzung nicht klar abgrenzbar seien. Die Bringungsgenossenschaft sei daher jedenfalls passiv legitimiert.

Über Rekurs der Bringungsgenossenschaft und des Tourismusverbandes hielt der Oberste Gerichtshof zur Klarstellung der Rechtslage folgendes fest:

Halter eines Weges ist derjenige, der die Kosten für die Errichtung und bzw. oder Erhaltung des Weges trägt sowie die Verfügungsmacht hat, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen. Mithalter haften zur ungeteilten Hand.
Die Mithaltereigenschaft werde jedenfalls durch die vertragliche Übernahme der Instandhaltung begründet. Auch für Mountainbike-Strecken gelte die Wegehalterhaftung nach § 1319a ABGB.

Für den Obersten Gerichtshof stand im vorliegenden Fall fest, dass die Bringungsgenossenschaft aufgrund der Errichtung der Forststraße zweifellos zu deren Halterin wurde. Diese Haltereigenschaft hat die Bringungsgenossenschaft laut den Ausführungen des Obersten Gerichtshofes auch nicht durch die oben zitierte schriftliche Vereinbarung mit dem Tourismusverband verloren. Der Tourismusverband sei durch die schriftliche Vereinbarung (bloß) Mithalter geworden. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Bringungsgenossenschaft weiterhin auch für die Instandhaltung der Forststraße – wenn auch nur in jenem Ausmaß, dass für die landwirtschaftliche Nutzung erforderlich sei – verantwortlich sei und dieser Verpflichtung auch nachkomme. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie im konkreten Fall – nicht feststeht, dass die Unfallursache ausschließlich im vertraglichen Verantwortungsbereich des Tourismusverbandes lag.

Aus den Feststellungen des Erstgerichtes ergebe sich zudem eindeutig, dass sich die Instandhaltungspflichten der Bringungsgenossenschaft und des Tourismusverbandes zwangsläufig überschneiden würden, da die Instandhaltung für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung der Forststraße die Basis für die darauf aufbauende Nutzung durch Radfahrer sei.

Die forstliche Bringungsgenossenschaft bleibt daher trotz des Umstandes, dass sie mit schriftlicher Vereinbarung dem Tourismusverband vertraglich die Pflicht zur Instandhaltung und Verkehrssicherung für die Nutzung der Forststraße als Mountainbike-Strecke überbunden hat, Mithalter der Forststraße und kann somit von der verletzten Radfahrerin gemäß § 1319a ABGB auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden.